Roman Marchel beim Ingeborg Bachmann Preis 2014
Der im Waldviertel lebende Schriftsteller Roman Marchel war einer der Autoren, die beim Ingeborg Bachmann Preis Anfang Juli um die Gunst der Jury kämpften. Ganz zu Recht, sagt Wolfgang Kühn, der uns Roman Marchels Erzählband „Wir waren da“ vorstellt, der im Residenz Verlag erschienen ist.
von Wolfgang Kühn |Einem breiteren literaturaffinen Publikum dürfte sich Roman Marchel spätestens nach seinem beeindruckenden Auftreten Anfang Juli beim diesjährigen Bachmann Preis in Klagenfurt erschlossen haben – ganz zu Recht.
„Wenn der Körper ein Haus ist, bin ich darin ohne Licht in den Keller gerannt.“ – einer von vielen schönen und zugleich geheimnisvollen Sätzen im Erzählband „Wir waren da“ (Residenz Verlag) von Roman Marchel.
Der 1974 in Graz geborene und im südlichen Waldviertel lebende Autor hatte nach seinem Debütroman „Kickboxen mit Lu“ (2011) im Vorjahr ein weiteres Buch im Residenz Verlag vorgelegt: den Erzählband „Wir waren da“. Beide Werke dürften mit den Ausschlag gegeben haben, dass Roman Marchel von Arno Dusini als Kombattant zum Bachmann Preis 2014 eingeladen wurde.
„Wir waren da“. Die Zauber der Kindheit und Schatten
Neun Erzählungen umfasst „Wir waren da“, oft sind es Erinnerungen an den Zauber und die scheinbare Unbeschwertheit der Kindheit und Jugend, die der Autor seine Figuren erleben lässt. Doch immer schwingt da etwas Bedrohliches mit, das Alter oder der Tod eines Familienangehörigen, die Geschichten pirschen sich leise und unschuldig an und schwingen lange nach.
Famos die Erzählung „Zwei Schwestern“ über die Beziehung der zweiundachtzigjährigen Berta zu ihrer um drei Jahre älteren Schwester Hilde, in der lebenslange Konflikte auch im hohen Alter noch mit unverminderter Härte ausgetragen werden, oder die Erzählung „Ein sterbender Schneemann“, in der ein dem Tod geweihter Großvater im Mittelpunkt steht, dem in seinem ganzen Leben nur zweimal eine Entschuldigung über die Lippen gekommen sein soll.
Roman Marchel. Ein „Feuerkopf mit Brennstoff“
Roman Marchel versteht es, seine Figuren dennoch sympathisch zu zeichnen, (Aufsatz-)Sätze eines Kindes wie „Katzen und Großmütter finde ich schöner, wenn sie dick sind“ lassen selbst streitende Schwestern als liebevolle Geschöpfe erscheinen.
Roman Marchel, der auch zur jüngst erschienenen Anthologie „Mein Waldviertel“ eine berührende Erzählung beigesteuert hat, spricht mit einer starken eigenen literarischen Stimme oder wie es Anton Thuswaldner in den „Salzburger Nachrichten“ formuliert: „Solch ein Feuerkopf brennt nicht so schnell ab, darin ist noch einiges an schriftstellerischem Brennstoff gespeichert.“
magzin.at
Roman Marchel. Wir waren da. Residenz Verlag. 2013
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Buchcover: © Residenz Verlag