UND DANN HATTE ICH DAS GLÜCK …
Leichtfertig zerstören erfolgreiche Prominente und neue und alte Medien mit fatalistischen Geschichten den Glauben der Menschen an sich selbst.
Wenn bekannte wie beneidenswerte Künstler, Sportler, Manager, Politiker nach den Anfängen ihrer Karriere gefragt werden, dann kommt es nicht selten vor, dass sie von dem „Glück“ sprechen, dass sie hatten, indem bei ihnen jemand da war oder ihnen begegnet ist, der sie gefördert, ausgebildet, entdeckt, empfohlen oder engagiert hat. Und sie sprechen dabei von Mentoren, Gönnern, Vorbildern, Agenten, Branchengrößen oder Führungskräften aber auch von Menschen ihres familiären Umfelds, die ihnen Impulse gegeben oder Chancen eröffnet hätten.
Vielen wird das wohl recht sympathisch vorkommen, wenn sich solche – von den Massen und den Medien – Bewunderte nicht selbst als Schöpfer ihrer eigenen Großartigkeit bezeichnen. Wenn sie „bescheiden“ einräumen, wie sehr sie auf andere oder „die Umstände“ oder „Zufälle“ angewiesen waren um dort zu stehen, wo sie jetzt sind: An der Spitze einer Kunstgattung, eines Sport-Rankings, einer Industrie, einer Institution oder einer Regierungspartei.
Das Elend des Fatalismus
Diese spontane Sympathie zeigt das ganze Elend unserer fatalistischen Lebenseinstellung und unseres falschen Selbstverständnisses auf: Allzu gerne hören wir berührende Geschichten, in denen Erfolgreiche einfach vom Glück oder gar von Gott Gesegnete sind, die „gar nichts dafür können“, letztlich so gut dazustehen. Wir hören vice versa auch gerne von unglaublichen „Pannen-, Pech- und Pleiten-Vorfällen“, in denen die Betroffenen „völlig unverschuldet“ ins Unglück stürzten. In beiden Fällen wird das Geschehen einer höheren Macht überantwortet und das Ausgeliefertsein der Menschen an ihr Schicksal beschworen.
Wenn ich also solche „Ich hab’ einfach Glück gehabt“-Erfolgs-Geschichten von Prominenten höre oder lese, dann frage ich mich immer: Erzählen die das – ev. auch von PR-Beratung gelenkt – um möglichst menschlich, liebenswürdig und ehrlich da zu stehen? Glauben sie am Ende selbst ihre Geschichte? Oder lassen sie ganz intuitiv das Blut, den Schweiss und die Tränen weg, die sie am Weg nach oben vergossen haben um ihren Bewunderern und Fans hässliche Realitäten zu ersparen? Warum reden sie kaum über den brennenden Ehrgeiz, den hohen Fleiß und die enormen Kraftanstrengungen, die sie beflügelt haben? Dass sie auch nicht darüber reden wollen, wie sehr sie manchmal die „Ellbogentechnik“ angewandt, die Fairnessgrenzen überschritten und einen „Pakt mit dem Teufel“ geschlossen haben, ist ebenso verständlich.
Das Lächeln im Rausch falscher Hoffnungen
Dennoch zaubern derartige Glücks-Geschichten in TV, Social Media und Boulevard-Medien millionenfach ein dankbares Lächeln in die Gesichter, weil viele Zuseher, Zuhörer und Leser – wenn auch nur für kurze Zeit – aller Selbstzweifel, Enttäuschungs- und Unglücksgefühle enthoben werden: Der oder die Bewunderte hat ja nur einfach Glück gehabt, so wie ich auch Glück haben könnte! Das Glück ist halt ein Vogerl, das es sich aussucht, zu wem es fliegt.
Dieser Fatalismus wird in Europa zusätzlich durch die großen Machthaber in Politik und Wirtschaft sehr gerne genährt: Weil dann niemand mehr Schuld trägt für Missstände und einfache Botschaften durchgebracht werden können wie: Glaub‘ ans Glück! Just do it! Oder: Armut kann jedem passieren! Shit happens! Kein Wunder, wenn in zurückgebliebenen Ländern Lottospielen und Casting-Shows so beliebt sind. Und die Mitteleuropäer sind auch schon voll dabei. Wir können hier Arbeitslose von Arbeitsunwilligen, Burnout-Kranke von Tachinierern, ausgelaugte von schmarotzenden Frühpensionisten, aber auch Gier-Kapitalisten von ehrlichen Unternehmern kaum mehr unterscheiden.
Neue Vorbilder müssen her
Die Folge von fatalistischen Botschaften der Erfolgreichen: Menschen, die fest an Glück und Pech glauben, sich selbst dabei aufgeben und ihre Umgebung zerstören. Da muss man schon auch eine Lanze für den „American Way of Life“ brechen, der immer wieder mit „Yes we can“ und „I can do it“ neue Leistungen und Lösungen produziert. Da genügt es nicht, die ungeheure Kreativität in Silicon Valley, die globalen US-Kommunikations- und Daten-Konzerne und die Entscheidungsbereitschaft der US-Politiker zu bestaunen. Da sind einschneidende Konzepte und Reformen erforderlich, die auch bei uns in Europa Innovation, Leistungsgerechtigkeit, Umweltschutz und soziale Fairness unter einen Hut bringen. Da müssen auch prominente Vorbilder her, die ehrlich erzählen, wie sie zum Erfolg gekommen sind. Damit der Einzelne wieder an sich selbst glauben kann.
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Foto Lusak: Wolfgang Lusak, privat