“Bio macht den Bauern sexy” – Hannes Gutmann über das “Sonnentor”, Nachhaltigkeit und Landwirtschaft

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„Wir unterstützen die bäuerliche Landwirtschaft“, sagt Johannes Gutmann (im Bild), Gründer und Eigentümer des Sonnentor im Waldviertel. Sein Leitbild ist das des Kreislaufs – in Wirtschaft und Natur.

1988 gründete Johannes Gutmann das Sonnentor im Waldviertel. Damals, wie er sagt, um für sich selbst einen Job zu schaffen. Heute exportiert Sonnentor Bio-Spezialitäten in die ganze Welt – und hat Hunderte an Mitarbeitern. „Ich habe mir damals das Fundament selbst gebaut“, sagt er. „Und die vorhandenen Ideen fortgesponnen.“

Die ersten Bio-Bauern waren echte Querdenker

Inspiriert hatten Gutmann vor allem die Bio-Bauern, sagt er. Damals gab es noch sehr wenige. „Das waren wirkliche Querdenker. Die haben mir irrsinnig getaugt“, erinnert er sich im Gespräch mit Moderne Region. „Bei ihnen habe ich gesehen: Diese Bauern jammern nicht. Sie finden Lösungen.“

Diese Bio-Bauern, macht er deutlich, „redeten mit den Konsumenten, indem sie auf die Bauernmärkte gingen. Sie brachten Werte und Geschichten, die die Konsumenten gerne hören wollten. Und wurden dafür mit Preisen bezahlt, die nicht nur das Überleben, sondern auch das Investieren ermöglichten.“

Bio könnte die Weltbevölkerung ernähren

Die gesamte Weltbevölkerung ließe sich mit Bio-Landwirtschaft ernähren. Davon ist Gutmann überzeugt. Im amerikanischen Modell industrieller Landwirtschaft sieht er eine Sackgasse. „Wenn die Amerikaner so weiter tun, werden sie alles vergiften und verseuchen, auch mit ihrer Gentechnik. Und irgendwann merken, dass das nicht mehr umkehrbar ist.“

Das Waldviertel - im Nordwesten Niederösterreichs
„Jede Region kann die eigenen Traditionen wertig machen“, glaubt Gutmann. Das Waldviertel, wo er aufgewachsen ist, hat für ihn noch echte Lebensqualität.

An der Quelle leben – im Waldviertel

Gutmann liebt das Waldviertel. Hier ist für ihn noch echte Lebensqualität. Und er ist hier an der Quelle. „Von Anfang an habe ich mir einen Standort gesucht, wo ich an der Quelle sitze, im Herzen der Landwirtschaft.“ Die Herkunft – weiß er – entscheidet, ob den Bio-Produkten Qualität beigemessen wird.

Der Weg des Sonnentors steht allerdings auch anderen Regionen offen, glaubt Gutmann. „Man muss die eigenen Traditionen wertig machen. Die eigenen Geschichten hervorstreichen – und damit Produkte und Spezialitäten wertig machen.“ Das muss aber authentisch sein, eine echte Wurzel haben.

Arbeitsplätze schaffen ist Teil seiner Vision

„Wege entstehen erst, indem man sie beginnt zu gehen“, fährt Gutmann fort. „Visionen entstehen, indem man beginnt, sie zu leben.“ Anfangs stand er noch selbst am Bauernmarkt. Inzwischen gibt es allein am Firmensitz in Sprögnitz bei Zwettl bald 150 Mitarbeiter.

Sonnentor - Neue Aufbereitungsanlage
Sonnentor hat über eine halbe Million Euro in neue Verfahren zur Kräuteraufbereitung investiert. Im Bild Gutmann (rechts) und Mitarbeiter an einer der neuen Anlagen. Fünf neue Arbeitsplätze sind so entstanden.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen sieht er als eine seiner Hauptaufgaben. Als Teil seiner Vision. „Ich bin nicht Unternehmer geworden, um Ländereien zu besitzen und Häuser zu verwalten. Das interessiert mich nicht.“ Pro Jahr sind es jetzt 10 bis 20 neue Mitarbeiter, die das Sonnentor einstellt. Die Jobs in den Partnerbetrieben nicht eingerechnet.

Bio-Landwirtschaft nicht Bio-Industrie

Vor zwei Jahren hat Johannes Gutmann ein Buch veröffentlicht. „Ich bin hinausgegangen, um zu Hause bleiben zu können“, lautet darin die erste Überschrift. Statt zu resignieren oder abzuwandern, hat er neue Lösungen gesucht. Und eine wesentliche Idee der Bio-Landwirtschaft aufgegriffen und ausgebaut: Qualität und höhere Wertschöpfung statt Massenproduktion.

„Die bäuerliche Landwirtschaft ist das, was wir unterstützen“, erklärt Gutmann. „Das ist das, wo das Produkt bis zum Bauern hin nachvollziehbar ist. Und das eine Hand gesehen hat.“ Es ist die Kleinbäuerlichkeit, die Gutmann schätzt.

Kritisch sieht er hingegen das Vordringen der industriellen Landwirtschaft auch im Bio-Bereich: „Auch dort entsteht inzwischen die Gefahr, dass zuviel herausgeholt wird, weil dort auch der Mengen- und Preisdruck beginnt.“

Johannes Gutmann, Gründer und Chef des Sonnentor
Johannes Gutmann: „Ich möchte Sonnenstrahlen, ich möchte Lachen, ich möchte Freude. Das ist die Botschaft unseres Logos.“

Auch Bio muss sexy sein

Sonnentor wurde auch in Deutschland schon mehrmals ausgezeichnet. Zuletzt als beste Werbung und emotionellste Bio-Marke. Gutmann freut sich. „Emotionen in das Produkt hineinbringen, das ist die Masterklasse in der Wertschöpfung“, sagt er dazu.

Schon zu Anfang von Sonnentor war ihm das klar. Er macht es am Sonnentor-Logo verständlich. „Ich möchte Sonnenstrahlen, ich möchte Lachen, ich möchte Freude. Und das ist eben die Emotion. Die positive Botschaft unseres Logos.“ Gutmann findet noch einfachere Worte: „Wir hatten erkannt, Bio muss sich anders präsentieren. Wir müssen uns einfach sexy anziehen.“

Alles ist ein Kreislauf. Die Bio-Bauern als Partner

150 Bio-Bauern in Österreich liefern zum Sonnentor. Diese Partnerschaften sind ihm ganz wichtig, betont Gutmann. „Wir wollen wie in einem Kreislauf zusammenarbeiten.“ Das ist das Leitbild des Sonnentors, sein Motto, denn: „Wir sind Partner und heben die Aufgabe nur gemeinsam.“

Kreislauf im mehrfachen Sinn: Gute Produkte ermöglichen eine gute Vermarktung. Und eine gute Vermarktung ermöglicht einen guten Absatz. Bei Seiten profitieren – mit guten wirtschaftlichen Erträgen. Und dadurch wird Bio-Landbau, die ökologische Nachhaltigkeit, zum Träger einer wirtschaftlichen und somit auch sozialen Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft.

„Das ist ja die Basis von unserem Leben insgesamt – Kreisläufe“, sagt Gutmann. „Und dafür ist eine ökologische, umweltschonende Produktionsweise notwendig. Aber auch Preise, von denen man wirklich leben kann.“

Wie auch der Bauer wieder sexy wird

Preise, von denen Bauern leben können – für Gutmann eine entscheidende Sache. Denn Geld ist auch Anerkennung und Wertschätzung. Wer schlecht bezahlt ist, ist und fühlt sich wenig wertgeschätzt. Die industrielle Landwirtschaft – mit ihrem Druck auf billige Massenproduktion – entwertet den Bauern wirtschaftlich. Und damit auch sozial. So sieht es Gutmann.

Sonnentor Frühlingsfest 2010
Johannes Gutmann (im Bus am Fahrerfenster) macht gerne Späße. Besonders lustig und ausgelassen wird es beim Sonnentor-Frühlingsfest am 1. Mai.

„Es gibt aber die Möglichkeit, sich als Bauer sexy zu machen“, betont er. Seiner Ansicht nach geht das mit der Bio-Landwirtschaft. „Hier liegt die Möglichkeit, sich auch als Bauer sexy zu machen, sich auch als Bauer die Wertschätzung zu holen und das Geld zu verdienen, das er braucht. Um dann das Gefühl haben zu können, ja, mein Beruf macht mir Spaß, ich bin gerne Bauer.“

„Aber jeder ist seines Glückes Schmied“, ergänzt Gutmann. Viele Bauern würden die Chancen des Bio-Landbaus nach wie vor nicht erkennen. Gerade auch im Waldviertel, wo Sonnentor gerne noch mehr Bio-Bauern hätte. Gut bezahlt. „Der Bauer ist leider vielfach nicht derjenige, der sein Glück in die Hand genommen hat.“ Warum? „Weil er oft nur darüber nachdenkt, wie es nicht geht.“

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Foto Waldviertel: © lassedesignen – fotolia.com
Fotos Hannes Gutmann & Sonnentor: © Sonnentor