von Andreas Wagner
Sehr gute Stimmung, gut besucht, und ein voluminös-rhythmisches, brillantes Jazz-Konzert bot das Festival „recreate.2011“ in Weitra – mit der „LA Big Band Lois Aichberger“ letzten Samstag. Wer da war, staunte und wurde mitgerissen vom virtuosen dancing-jazz-blow.
Jazz in der Manufaktur
Wunderbar auch der Aufführungsort, die location – die frühere Manufaktur Helene Jäger, dem Weitraer Bahnhof direkt gegenüber. Eine Reminiszenz ans Waldviertler Handwerk in großem Stil, fast schon industriell, als Manufaktur im Jahr 2000 dann aufgegeben. Ein Lauf der Zeit. Und dort hinein blies die LA Big Band ihren virtuosen, melodiösen Jazz. Eine effektvolle Kombination von Geschichte, Arbeitswelt, Waldviertel und moderner Musik.
Franz-Liszt-Wochenende – 5.-6. Nov. – recreate 2. Teil
Recreate 2011 – das sind zwei Teile. Ein Jazz-Wochenende und ein Franz-Liszt-Wochenende. Letzeres steht noch bevor: am 5. und 6. November mit zwei Klavierkonzerten und einem Orgelkonzert aus Anlass des 200. Geburtstags von Franz Liszt. Dieser war einer der großen Komponisten und Pianisten des 19. Jahrhunderts, ein europäischer Weltenbürger, geboren im heutigen Burgenland – und Sohn einer Bäckerstochter aus Krems an der Donau.
Franz Liszt – der Vater aller Pianisten
„Franz Liszt war ein mirakulöser Klaviervirtuose und praktisch der Vater aller Pianisten. Aber wenn heute seine Musik gespielt wird, bleibt es im allgemeinen bei einem akrobatischen Akt“, sagt Johannes Wohlgenannt Zincke, der Intendant der „recreate“, im Gespräch mit magzin.at. Die künstlerisch-menschliche Tiefe der Musik von Franz Liszt werde dabei selten gewürdigt und offenbar.
„Das ist ein Beter der Liszt-Musik“ – der Pianist Jean-Pierre Scherrer
„Das ist ein Beter, kein Virtuose in diesem Sinne“, sagt Wohlgenannt Zincke über Jean-Pierre Scherrer, den Pianisten elsässischer Herkunft, der am 6. November den eigentlichen Höhepunkt des Franz-Liszt-Wochenendes bringen wird. „Jean-Pierre Scherrer ist eine Einheit mit dem Menschen Franz Liszt.“ In seiner musikalischen Interpretation gehe es Scherrer um Liszt als suchenden Menschen, um Einsamkeit, um Meditationen zur menschlichen Existenz.
Neben Jean-Pierre Scherrer – der ein Liszt-Portraitkonzert gibt, mit einem ergänzenden kleinen Vortrag zur Persönlichkeit und Lebenswelt Liszts – sind der junge österreichische Pianist Andreas Stockinger und Ines Schüttengruber mit einem Liszt-Orgelkonzert zu hören.
Der Intendant: Wohlgenannt Zincke – ein außergewöhnlicher Künstler
Johannes Wohlgenannt Zincke, der Intendant von „recreate“, ist selbst Pianist und Komponist klassischer Musik. In Dresden, im Caselpalais an der Frauenkirche, gibt er zu Weihnacht sein nächstes Klavierkonzert: Canto Ostinato, gemeinsam mit Stefan Eder.
Wohlgenannt Zincke ist eine außergewöhnliche Künstlerpersönlichkeit. Ein gebürtiger Vorarlberger, der sich vor vielen Jahren im Waldviertel niedergelassen hat. In Groß Gerungs nahe Zwettl. Dort hat er glücklicherweise private Förderer gefunden, die den Wert seines Tuns und des Festivals „recreate“ zutreffend erkannt haben. Leider nicht die Stadtgemeinde Groß Gerungs, so dass „recreate“ heuer nach Weitra umgezogen ist. Mit den Gerungser Privatmäzenen.
Weitra – offene Arme für „recreate“
Weitra hat „recreate“ mit offenen Armen aufgenommen. Denn die künstlerische Qualität des Festivals hat viel Potential und ein ganz eigenes Spektrum: im Kern klassische Musik abseits des mainstreams, verknüpft mit Jazz, modernem Theater und Literatur. Das kann zum großen Kunstevent gesteigert werden, mit Ausstrahlung in der Region und weit über die Region hinaus. Mit zusätzlich gutem Effekt für Tourismus und das Image der Region. Wenn mehr Förderungen (auch von Seiten des Landes NÖ) an „recreate“ vergeben würden.
In Weitra gab es die klare Unterstützung von Vizebürgermeisterin und Kulturstadträtin Petra Zimmermann-Moser und der Unternehmerin Alexandra Kuttner, der Enkelin von Helene Jäger, in deren einstiger Korbwaren-Manufaktur die „LA Big Band“ bei recreate aufspielte. Wird das nächstes Jahr auch so sein? „Nach diesem gelungenen Abend will ich es sehr stark hoffen. Es war für mich ein wirklicher schöner Abend. Und recreate würde viel für Weitra bringen“, sagt Alexandra Kuttner im Gespräch mit Moderne Region.
„Das Festival ist kreative Nahrung für uns“
Und die privaten Förderer der „recreate“ aus Groß Gerungs bleiben hoffentlich dabei. Und genießen den guten Namen, den sie sich als Kultursponsoren von „recreate“ – eines so außergewöhnlichen Festivals – erwerben.
„Das Festival ist kreative Nahrung für uns. Es hat viel Wert für uns, dass es hier in unserer Region auch ein künstlerisch hochwertiges Angebot gibt. Wir wollen nicht immer nach Wien oder Linz fahren müssen“, sagt Christine Wagner vom Unternehmen Waldsoft in Arbesbach. Sie ist seit Jahren mitverantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit von recreate. Und waldsoft ist einer der wichtigen privaten Sponsoren des Festivals. „Wir unterstützen recreate, weil es wirkliche Qualität hat, die auch wir hier uns wünschen.“
alle Fotos (soweit nicht anders gekennzeichnet): © Christine Wagner, waldsoft, recreate.2011
weitere Infos zu den Veranstaltungen des
recreate.2011 – Franz-Listz-Wochenendes
am 5. und 6. November in Weitra
in unserem Veranstaltungskalender
Der ORF – Radio Ö1 – bringt
eine Sendung zu Johannes Wohlgenannt Zinke:
Radiosendung Intrada Ö1
Vorstellung von Canto ostinato,
Das Klavierstück auf zwei Flügeln von Simeon ten Holt.
Portrait der zwei Pianisten
Johannes Wohlgenannt Zincke
und Stefan Eder
Freitag, 11. Nov. 2011,
ab 10.05 Uhr
gestaltet und präsentiert von:
Johannes Leopold Mayer