Von Martha Jungwirth bis Luis Bunuel
Drei neue Ausstellungen und einen surrealistischen Filmklassiker zeigt die Kunsthalle Krems ab 13. Juli: eine Martha Jungwirth-Retrospektive, den surrealen ‚Orbis Pictus‘ von Gregor Schmoll und René Wirths erste Werkschau in Österreich. Zudem läuft ein herausragendes Werk der künstlerischen Filmgeschichte: „Der andalusische Hund“ von Luis Bunuel und Salvador Dali.
von Astrid Hofstätter — für magzin.atMartha Jungwirth – eine Grande Dame der österreichischen Malerei
Die Kunsthalle Krems widmet der großen österreichischen Malerin Martha Jungwirth (Jahrgang 1940) eine Retrospektive mit Werken aus fünf Jahrzehnten.
Jungwirth, die als Einzelgängerin in der österreichischen Kunstszene gilt, konnte bereits früh Erfolge verzeichnen. Nach ihrem Kunststudium in Wien folgten wichtige Auszeichnungen: „Theodor-Körner-Preis“ (1964) und „Joan-Miró-Preis“ (1967).
1968 war sie, als einzige Frau, an der legendären Ausstellung „Wirklichkeiten“ in der Wiener Sezession beteiligt. 1977 nahm sie an der documenta in Kassel teil.
Eigenwillige künstlerische Handschrift & magisches Flirren
Martha Jungwirths Malerei bestach von Anfang an durch eine völlig eigenständige, künstlerische Handschrift. Mit ihrem gestischen Duktus erschafft sie eigenwillige, abstrakt-informelle Bilder. Dabei geht sie immer von etwas Konkretem aus. Alltagsgegenstände, Städte oder Landschaften, eine Farbe oder ein Bild – all das kann Jungwirth zu ihren gestisch-abstrakten Bildern anregen. Oft arbeitet sie seriell, um ein Motiv voll auszureizen.
Der energische Malprozess mit allen Flecken, Schlieren und Rinnsalen bleibt sichtbar. Jungwirth schätzt das „Wässrige“, Durchlässige ebenso wie einen stark verdichteten Farbauftrag mit kräftigem Kolorit. Mit ihrer unverwechselbaren Handschrift versetzt sie die Farbe auf ihren Bildern in ein magisches Flirren, Schwingen und Schweben.
„Monsieur Surrealist“ – Gregor Schmolls „Orbis Pictus“
Gregor Schmoll, Jahrgang 1970, studierte bei Michelangelo Pistoletto und Heimo Zobernig an der Akademie der bildenden Künste in Wien und gilt als „Monsieur Surrealist“ der österreichischen Gegenwartskunst. Er verbindet die Medien Fotografie und Raumskulptur zu aufwändig inszenierten Gesamtinstallationen. Seine Arbeiten sind surreale, poetisch-ironische Reflexionen zu den Themen Wahrnehmung und Wirklichkeitskonstruktion.
Schmoll verwischt die Grenzen zwischen Realität und Imagination und überführt scheinbar Alltägliches in surreale, absurde Zusammenhänge. Dabei zeigt er, dass Wahrnehmung stets von soziokulturellem Kontext und kollektivem Bildgedächtnis geprägt und vorstrukturiert ist.
Mit Gregor Schmolls Bilderkosmos „Orbis pictus“ präsentiert die Kunsthalle Krems die bisher umfassendste Personale des Künstlers. Zu sehen sind Schmolls zentrale Werkgruppen der letzten zehn Jahre.
Luis Bunuel und Salvador Dali: „Ein andalusischer Hund“
Der 16 Minuten lange Film „Ein andalusischer Hund“, gedreht 1928, ging als Ikone des surrealistischen Avantgardefilms in die Geschichte ein. Inspiriert von eigenen Träumen, schrieben Louis Bunuel und Salvador Dali gemeinsam das Drehbuch. Sie assoziierten frei und vermieden jegliche kausale Zusammenhänge.
Der experimentell erzählte Film löst das gewohnte Raum-Zeit-Kontinuum auf und verstört auch heute noch mit schockierenden Bildmotiven (Schnitt mit dem Rasiermesser durch ein Auge). Der surreale Filmklassiker ist eine Hymne an das Unbewusste und zugleich ein subversives Manifest gegen die damaligen, bürgerlichen Moralvorstellungen.
Factory: René Wirths. Aus der Welt
In der Factory der Kunsthalle Krems ist, ebenfalls ab 13. Juli, eine Werkschau des deutschen Malers René Wirths (Jahrgang 1967) zu sehen. Die Gemälde des Künstlers zeigen akkurat realistisch gemalte Motive (Objekte wie Fotoapparat, Brille, Blumenkohl, …). Die penibel gemalten Objekte driften durch ihre Überlebensgröße und die isolierte Darstellung auf weißem Hintergrund in eine eigentümliche Irrealität ab. René Wirths‘ Bilder changieren zwischen Sein und Erscheinung, Objekthaftigkeit und Subjektivität der Wahrnehmung.
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Artikel verfasst von Astrid Hofstätter / © magzin.at
Ab-Sommer-Ausstellungen 2014 in der Kunsthalle Krems
Martha Jungwirth. Retrospektive. 13.7.-2.11.2014
Kunsthalle Krems
Gregor Schmoll. Orbis Pictus. 13.7.-2.11.2014
Kunsthalle Krems
Louis Bunuel u. Salvador Dali. Ein andalusischer Hund. 13.7.-2.11.2014
Kunsthalle Krems
René Wirths. Aus der Welt. 13.7.-9.11.2014
Kunsthalle Krems Factory
Kunsthalle Krems
3500 Krems, Franz-Zeller-Platz 3
weitere Infos unter:
www.kunsthalle.at
Bildnachweise / Fotos – in der Abfolge im Artikel:
1. Martha Jungwirth, O. T., aus der Serie „Fundraising“, 2013 – Martha Jungwirth, Wien – © Bildrecht, Wien, 2014 – Foto: Lisa Rastl
2. Porträt Martha Jungwirth, Wien, 2014 – © Lisa Rastl
3. Gregor Schmoll: Mad Scientist, aus der Serie „My Life as Monsieur Surrealist”, 2004 Universalmuseum Joanneum – Neue Galerie Graz © Gregor Schmoll
4. Ein andalusischer Hund (Un chien andalou), 1928 – Filmstill – © KINEOS GMBH, 2014
5. René Wirths Kamera, 2012 – Privatsammlung, Schweiz © René Wirths, 2014 – Courtesy Galerie Haas, Zürich – Foto: Eric Tschernow
alle Fotos: zVg Kunsthalle Krems