Der bekannte Waldviertler Schriftsteller Josef Haslinger („Opernball“, „Das Vaterspiel“) hat mit „Jáchymov“ einen Roman vorgelegt, der uns in eine vielfach schon unbekannte Zeitepoche zurückversetzt – die kommunistische Machtübernahme 1947/48 in unseren osteuropäischen Nachbarländern und der damaligen Tschechoslowakei (CSR, ab 1960 dann CSSR).
Das kommunistische Arbeitslager im tschechischen Jáchymov
„Gerade hier, wo man gerne im Windschatten der Geschichte gelebt hat, müssen solche Geschichten erzählt werden. Damit die Leute Europa verstehen lernen“ – so Anselm Findeisen, eine der beiden Hauptfiguren aus dem Roman, zur „Tänzerin“, der Tochter des legendären tschechoslowakischen Eishockeynationalspielers Bohumil Modrý.
Findeisen hat die „Tänzerin“ zufällig in Jáchymov, einer Kleinstadt im böhmischen Teil des Erzgebirges kennengelernt. Er am Weg zu einer Kur, sie auf den Spuren ihres Vaters, der in Jáchymov in ein Arbeitslager in einem Uranbergwerk gesperrt war.
Wie ein Spitzensportler des Hochverrats angeklagt wurde
Bohumil Modrý war Torhüter des zweifachen Weltmeisters Tschechoslowakei. Er wurde im Zuge der kommunistischen Machtübernahme (1948) gemeinsam mit den anderen aus der Mannschaft verhaftet und fasste wegen angeblichem Hochverrat die Höchststrafe von fünfzehn Jahren Gefängnis aus.
Spannend erzählt Josef Haslinger die Geschichte des Bohumil Modrý, einerseits aus den Dialogen und Begegnungen von Anselm Findeisen und der „Tänzerin“, andererseits aus dem Manuskript zitierend, zu dessen Niederschrift Findeisen die Tochter des Eishockeyspielers überredet hat.
„Dieses Match werden wir nicht gewinnen“
Der vor dem realen Hintergrund angesiedelte Roman führt uns in die Abgründe menschlichen Tun und Handelns und lässt den Leser – im Bewusstsein, dass dieser Roman keineswegs Fiktion ist – deprimiert und auch wütend zurück.
„Ich fürchte, das Match, das wir jetzt spielen, werden wir nicht gewinnen“, lässt Josef Haslinger den Eishockeystar anlässlich seiner Verurteilung sagen. Bohumil Modrý musste fünf der fünfzehn Jahre in Gefangenschaft verbringen, 1955 wurde er freigelassen. 1963 starb er an den Folgen der Verstrahlung im Uranbergwerk von Jáchymov.
magzin-literaturtipp:
Josef Haslinger. Jáchymov. S.Fischer Verlag. Frankfurt am Main. 2011
Josef Haslinger liest am 10. März 2012 im Unabhängigen Literaturhaus NÖ bei der Veranstaltung „Wachau Erlesen“.
Nähere Infos unter www.ulnoe.at
Buchcover: © Fischer Verlag