Hartnäckig hält sich das Gerücht, Sofja Kowaleskaja sei schuld daran, dass es keinen Nobelpreis für Mathematik gibt. Sie soll Alfred Nobel zurückgewiesen und dem Mathematiker Gösta Mittag-Leffler den Vorzug gegeben haben, als beide um sie warben. Alfred Nobel, so wird erzählt, rächte sich am Nebenbuhler, in dem er keinen Mathematik-Nobelpreis aussetzte. Für diese Anekdote gibt es keine Belege, aber sie bietet Anlass zur Frage: Wer war Sofja Kowaleskaja?
Mathematik – für Mädchen verboten
Sofja, Tochter eines russischen Generals, beschäftigte sich schon achtjährig gegen den Willen des Vaters mit Mathematik.
Später beschloss sie, in Berlin Mathematik zu studieren. Sie ging zu Karl Weierstraß, dem berühmtesten Mathematiker seiner Zeit, der ihr Privatunterricht erteilte. Sie schrieb drei Arbeiten, von denen eine schon für die Doktorwürde gereicht hätte und promovierte summa cum laude. In Paris setzte sie ihre mathematischen Arbeiten fort.
Eine Frau als Mathematikprofessor – eine Ungeheuerlichkeit
Der schwedische Mathematiker Gösta Mittag-Leffler, ein Schüler von Weierstraß, holte sie als Professorin nach Stockholm. Sie war damit die erste Mathematik-Professorin in Europa, die eigene Vorlesungen hielt.
Eine Frau, die in die Männerdomänen Universität und Mathematik einzudringen vermochte, wurde nicht von allen Zeitgenossen begrüßt. Der Schriftsteller August Strindberg schrieb 1884 in einem Zeitungsartikel 2):
„Ein weiblicher Mathematikprofessor ist eine gefährliche und unerfreuliche Erscheinung, man kann ruhig sagen, eine Ungeheuerlichkeit.“
Macht Mathematik glücklich?
Sofja Kowaleskaja wurden zeitlebens zahlreiche Ehrungen zuteil. Ihre Bücher, darunter Kindheitserinnerungen verkauften sich gut. Doch das konnte sie nicht zufrieden stellen. Sie schrieb an einen Freund:
„Eine Frau ist nur glücklich, wenn ihr die Männer zu Füßen liegen.“ 3)
Dauerhaftes privates Glück blieb ihr verwehrt. Ihr Ehemann, ein russischer Paläontologe, beging Selbstmord, die gemeinsame Tochter wurde bei Verwandten untergebracht. 1891 starb Sofja Kowaleskaja an einer Lungenentzündung. Die Mathematikerin, Schriftstellerin und Feministin wurde nur 41 Jahre alt.
Das NEUE mathemagzin-Rätsel des Monats:
Die heutige Kolumne widme ich einer beliebten Form des mathematischen Rätsels, der Alphametik. Hier werden die Ziffern durch Buchstaben ersetzt. Üblicherweise wird dabei jede Ziffer durch jeweils nur ein Symbol repräsentiert. Meist darf das erste Symbol einer Zahl nicht für 0 stehen. Ein beliebtes Beispiel ist
SEND
+ MORE
= MONEY
Dieses Rätsel wurde angeblich von einem Studenten an seinen Vater geschickt. Wie viel Geld (MONEY) soll nun der Vater schicken? Ist die Antwort eindeutig?
Hier noch ein weiteres Rätsel aus dem Reich der Alphametik:
Gegeben sind die Buchstaben B, E, I, L, P und S. Diese sind so durch die Zahlen von 1 bis 6 zu ersetzen, dass jeder Buchstabe einer anderen Zahl entspricht. Die Summe der Buchstaben muss folgende Vorgaben erfüllen:
SIE = 8
BEISPIEL = 24
LIBELLE = 25
Antworten, Lösungen, neue Rätsel (mit Lösungen) bitte an
Die Lösungen und die besten Einsendungen werden wiederum in 1 Monat hier veröffentlicht.
Auflösung des Mathemagzin-Rätsels vom 4. Jänner 2012:
Herzlich bedanke ich mich für die zahlreichen Zuschriften. Aus der Fülle der Einsendungen hole ich stellvertretend zwei Lösungen vor den Vorhang. Die erste richtige Lösung erhielt ich von Corina Löhr aus Deutschland: x=21, y=11, z=7
Die erste Zuschrift, die auch einen ausführlichen Lösungsweg enthielt, sandte mir E. F. Kops. Sie eignet sich hervorragend, den ungeübten LeserInnen auf die Sprünge zu helfen:
[…] nach meiner Rechnung ist das Alter der Lady Nancy Masonx = 21 Jahre
y = 11 Monate
z = 7 Tage.
Die Lösung fand ich so:
(1) xy + z = 238
(2) xz + y = 158
(3) x + y + z = 39
Ich subtrahiere (2) von (1)
(4) xy – xz + z – y = 80 oder aufgelöst nach x
(5) x = 80 / (y – z) + 1
Dies setze ich in (3) ein und erhalte
(6) 80 / (y – z) + 1 + y + z = 39
Multiplikation mit (y – z) führt auf eine quadratische Gleichung:
(7) y^2 – 38y + (80 – z^2 + 38z) = 0
Ich fasse (7) als quadratische Gleichung für y auf und betrachte die in Klammern stehende Funktion von z als absolutes Glied dieser Gleichung. Führt man die quadratische Ergänzung ein, erhält man
(8) (y – 19)^2 = (z^2 – 38z + 281) oder
(9) y = 19 +- (z^2 – 38z + 281)^0.5
Nun muss man durch Probieren herausfinden, ob der Wurzelausdruck kleine ganzzahlige Werte hat. Nach einigen Versuchen findet man für z = 7 den Wert für die Wurzel +-8.
Die weitere Prüfung zeigt, dass die Gleichungen (1) – (3) mit den Werten x = 21, y = 11 und z = 7 erfüllt werden.
* * * *
Ihre Martina Schettina
Quellen
Wilderich Tuschmann, Peter Hawig: Sofia Kowalewskaja. Ein Leben für Mathematik und Emanzipation. In: Lebensgeschichten aus der Wissenschaft. Birkhäuser, Basel / Boston / Berlin 1993, ISBN 3-7643-2882-7.
Cordula Tollmien: Fürstin der Wissenschaft. Die Lebensgeschichte der Sofja Kowalewskaja [Jugendbuch]. Beltz & Gelberg, Weinheim 1995, ISBN 3-407-80735-X.
Sofja Kowaleweskaja Autobiografische Skizze, erzählt 1890, veröffentlicht 1901
Sofja Kowalewskaja (1850 – 1891) Autobiographische Skizze erschienen in: Deutsche Rundschau, Bd. 108 (1901), S. 152-160.
2) Zitiert in: Ingrid Schraub: Zwischen Salon und Mädchenzimmer. Kabel, Hamburg 1992, S. 70
3) zitiert in Leo Koenigsberger, Mein Leben S. 116-117