Gast-Artikel von Dr. Hans Kronberger,
Präsident Bundesverband Photovoltaic Austria
Gelassen, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, nehmen politische Verantwortungsträger die Tatsache zur Kenntnis, dass der Ölpreis wieder die 100 Dollar-Latte überschritten hat und bereits die 200er Marke in der Diskussion steht. Über allen Wipfeln ist Ruh‘. Eine Diskussion über die Folgen findet nicht statt, geschweige denn, dass ernsthafte Maßnahmen gesetzt werden, um zukunftsfähige Ersatzmodelle zu erarbeiten.
Ölvorratsverknappung als eigentliche Ursache der Wirtschaftskrise
Nur wenige haben die tatsächlichen Folgen des Ölpreishochs aus dem Jahre 2008 tatsächlich analysiert und aufgearbeitet. Das Gedächtnis der meisten Verantwortungsträger ist kurzlebig. Unmittelbar nach dem Ölpreishoch des Jahres 2008 folgte die größte Wirtschafts- und Finanzkrise der Nachkriegszeit, die in einer gigantischen Verschuldung der Industriestaaten endete. Diese Krise ist bis heute nicht beendet.
Ein andauernder hoher Ölpreis destabilisiert die Lebensmittelmärkte (23 % des Weltenergiebedarfs wird für die Nahrungsmittelerzeugung benötigt), die Sozialsysteme und die Produktivität der Industrienationen. Am deutlichsten hat dies der amerikanische Zukunftsforscher Jeremy Rifkin ausgesprochen, der die Ursache der Wirtschaftskrise (neben den kriminellen Bankenhandlungen) in der Verknappung der Ölvorräte sieht.
Nur Energierevolution kann nächste, dramatische Energiekrise abwenden
Nicht minder deutlich ist der Präsident der Internationalen Energieagentur, Nobuo Tanaka, in Paris. Er bezeichnet die Finanzkrise als Kleinigkeit gegenüber der sich in den nächsten Jahren abzeichnenden Energiekrise. Nicht mehr und nicht weniger als eine „Energierevolution“ brauche der Planet, heißt es in einer offiziellen Aussage der IEA. Eine politische Diskussion über die Energiezukunft findet nicht statt. Googelt man im Internet zum Stichwort „Ölpreis“ und sucht gleichzeitig nach politischen Visionen, geht man so gut wie leer aus.
Manche Politiker sind intellektuell überfordert
Die Gründe dafür dürften vielfältig sein: Ein Teil der Politiker ist intellektuell nicht in der Lage, das Problem zu erkennen. Ein anderer glaubt, den hohen Ölpreis aussitzen zu können. Dies ist ungefähr so sinnvoll, wie sich auf eine Herdplatte zu setzen, unter der gerade eingeheizt wird.
Und der dritte Teil der Politiker ist so sehr mit dem eigenen Alltag beschäftigt, dass der Gedanke an morgen keinen Platz findet. Die Pauschalierung mag ein wenig ungerecht und oberflächlich erscheinen, aber wer eine rühmliche Ausnahme in der Politik kenne, der möge sie beim Namen nennen. Wir werden sie im Falle der Echtheit gebührend würdigen.