Frauen verdienen in Österreich deutlich weniger als Männer. Laut EU ist der Stundenlohn von Frauen hierzulande um durchschnittlich 25,5 Prozent niedriger als der von Männern. Damit steht Österreich im EU-Vergleich äußerst schlecht da. Nur in Tschechien und Estland ist diese Einkommensschere zwischen Frauen und Männern noch größer.
Eine Verbesserung für Frauen soll nun die neue „Einkommenstransparenz“ bringen, die der österreichische Nationalrat vorige Woche mit der Novelle des „Gleichbehandlungsgesetzes“ (GlBG) beschlossen hat. „Die Neuregelung ist nicht nur für Frauen von Vorteil, sondern auch für Männer, die in Betrieben schlechter als ihre Kollegen bezahlt werden“, erklärt Edith Rabl vom Frauenbüro der AK Oberösterreich im Gespräch mit Moderne Region.
„Einkommensberichte“ in größeren Betrieben
Um „Einkommenstransparenz“ zu ermöglichen, müssen Firmen künftig einen jährlichen „Einkommensbericht“ vorlegen – wer verdient wieviel? (aufgeschlüsselt nach Verwendungsgruppen). Allerdings gilt dies nur für große Betriebe. Von der Berichtspflicht betroffen sind ab heuer zunächst nur Betriebe mit über 1000 Beschäftigten.
Bis 2014 wird dies schrittweise ausgeweitet. Ab dann gilt die Berichtspflicht für alle Betriebe mit über 150 Beschäftigten. „Da Frauen oft in kleineren Betrieben arbeiten, hatte die AK gefordert, dass es Einkommensberichte bereits ab 25 Beschäftigten geben soll – wie in Schweden“, sagt dazu Edith Rabl. „Aber es ist ein erster Schritt.“
Zweierlei Maß: Strafen für Mitarbeiter, keine für Unternehmen
Zwei Zusatzregelungen zur „Einkommenstransparenz“ wurden im Vorfeld heftig kritisiert: Unterlässt es ein Unternehmen, den Einkommensbericht zu erstellen, bleibt es praktisch straflos. Die mögliche Klage vorm Arbeitsgericht sieht keine Geldstrafe für säumige Unternehmen vor.
Sehr wohl drohen andererseits Mitarbeitern Geldstrafen, wenn sie über den Einkommensbericht ihres Unternehmens reden. Immerhin 360 Euro. Im Erstentwurf zur „Einkommenstransparenz“ war sogar eine Strafe von 2000 Euro vorgesehen. Die Formulierung im Gleichbehandlungsgesetz lässt offen, ob dies schon für Gespräche unter Kollegen gilt. Oder nur gegenüber Außenstehenden.
Wo ist da der Vorteil?
Klar ist, dass Mitarbeiter den Einkommensbericht heranziehen dürfen, wenn sie mit Betriebsrat, Arbeiterkammer, Gewerkschaften, der Gleichbehandlungskommission oder vor Gericht sprechen. Hier liegt der entscheidende Fortschritt. „Das ist eine neue Handhabe, die definitiv ein Vorteil ist“, so Edith Rabl. Der Einkommensbericht schaffe eine klare, nachvollziehbare Grundlage. Damit werde es erheblich einfacher, Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz zu erkennen. Und dagegen rechtlich vorzugehen.
Zweite Neuregelung – hilfreich für Jobbewerber
Überhaupt sei „es sehr wichtig, dass wir alle mehr über unser Einkommen sprechen“, betont Edith Rabl. Auch die zweite Neuregelung im Zuge der „Einkommenstransparenz“ soll dazu beitragen: Bei Stellenausschreibungen sind Firmen nun verpflichtet, den geltenden Kollektivvertrag und die Verwendungsgruppe anzugeben.
„Auch das ist ein sensationeller Schritt“, sagt Edith Rabl. Jobbewerber können damit schon vor dem Bewerbungsgespräch Informationen einholen, wie hoch ihr Gehalt sein müsste. Aber auch schon länger Beschäftigte, fügt Edith Rabl hinzu, können auf diese Weise kontrollieren, ob sie ausreichend bezahlt werden oder ob eine Einkommensdiskriminierung vorliegt.
Das Resumee: „Die Regelung hätte besser sein können“, so Rabl. Sie ist ein Kompromiss nach einem „zähen Ringen mit den Arbeitgebern“. Aber auch ein „erster positiver Schritt“. Schweden hätte schärfere Maßnahmen zugunsten der Frauen ergriffen. Mit Erfolg. Das könnte ein Beispiel für weitere Schritte in Österreich werden.