Weiberworte: Billiges Matratzen-Silikon in Brustimplantaten – hunderttausende Frauen geschädigt

Bild Gentlemen prefer blondes von Martina Schettina
Bild „Gentlemen prefer blondes” von Martina Schettina
Ein Frauenkommentar von Martina Schettina

Sie platzten. Die Immobilienblasen schon lang. Die guten Vorsätze auch. Kondome immer seltener. Doch zuletzt platzten Brust­im­plan­tate. Genauer gesagt Silikonkissen des Herstellers Poly Implants Prothèses, kurz PIP genannt. Zehntausend Frauen in Deutsch­land haben diese tickenden Zeit­bomben in ihren Kör­pern. Tausend Implantate allein in Frankreich sind bereits defekt, gerissen, das Billig-Silikon in den Körper gelangt.

Der Grund: Minderwertiges Silikon. Die französischen Behörden ließen die unsicheren Kissen aus dem Handel nehmen und riefen dazu auf, die Operationen rückgängig machen zu lassen. Weltweit sind schät­zungs­weise zwischen 300.000 und 500.000 Frauen betroffen. (Zum Ver­gleich: Zürich hat rund 390.000 Einwohner).

Glaskugeln, Wolle, Rinderknorpel – Frauen als Versuchskaninchen

Frauen nach Brustkrebsoperationen zu helfen, war der ehrenwerte Anlass. Erste Versuche von Brustvergrößerungen wurden Ende des 19. Jahrhunderts durchgeführt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts versuchten Ärzte mit Hilfe von Glaskugeln, Wolle, Elfenbein oder Rinderknorpeln, Brüste zu vergrößern. Die Ergebnisse waren ka­ta­s­tro­phal.

Seit den 1960er Jahren werden Silikonkissen in der plastischen Chirurgie verwendet. Zunächst aus medizinischen, doch später auch aus rein ästhetischen Gründen in der Schönheitschirurgie. Auch da hörte und hört frau immer wieder von teils tödlichen Pannen. Da frage ich mich: Warum tun sich Frauen das an?

Flach oder feist? Fromm oder frivol?

Geht es um eine große Oberweite und wenn ja, warum? Große Brüste waren nicht immer das geltende Schönheitsideal. In der Renaissance bestand der ideale Oberkörper der Frau aus flacher Brust und schmaler Taille. Die Damen des Barock und Rokoko zeigten Dekolleté. Nach der französischen Revolution, in der Zeit des Empire, trugen die Damen Busen betonende Kleider nach antiken Vorbildern.

Später wurde die „Sanduhrform“ des weiblichen Oberkörpers modern. Kaiserin Elisabeth von Österreich, genannt Sisi, galt zu ihrer Zeit als eine der schönsten Frauen Europas. Ihre enge Taille ist legendär, ihr Busen war jedoch bescheiden. Schönheit ist also keine Frage der Körbchengröße.

Flapperkleider, Twiggy, Wonderbra – der Busen im 20. Jahrhundert

Martina Schettina Portrait
Martina Schettina, Künstlerin und Autorin

Das 20. Jahrhundert brachte die Abkehr vom Korsett und den Siegeszug der Büs­ten­hal­ter. In manchen Jahrzehnten waren kna­ben­hafte, androgyne Frauen mit kleineren Brüsten en vogue, in anderen wurden die weiblichen Kurven wieder gerne gesehen.

Die Frau der „Goldenen Zwanzigerjahre“ trug hängende Kleider im Flapperlook über dem flachen Busen. Das zarte Fotomodell Twiggy gilt heute als personifiziertes Ideal der „Swinging Sixities“. Wir Mädchen wollten damals nicht als Sexsymbol, sondern als denkende Wesen ernst genommen werden. Ab den 1980ern war wieder mehr Oberweite gefragt. Der „Wonderbra“, ein gepolsterter BH, wurde ab 1994 zum Verkaufsschlager.

Sehnen sich Männer nach großen Brüsten?

Ich weiß das nicht. Ich bin ja kein Mann. Für mich ist eine große Oberweite eine vorübergehende Modetorheit. Dafür möchte ich nicht meine Gesundheit riskieren. Das ersparte Geld investiere ich lieber in einen romantischen Urlaub. Sonnige Insel oder urige Almhütte? Egal, Hauptsache Rosshaarmatratzen.

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ein weiterer Frauenkommentar von Martina Schettina in magzin.at:
Weiberworte: Fututio-Skandal am Flughafen Wien – „frauenfeindlicher“ Täter weiter auf freiem Fuß

Quelle für die Geschichte der Brustvergrößerung: Ein historischer Überblick von Dr. med. Friedrich-Wilhelm von Hesler, erstmals veröffentlicht in: Sophien-Journal, 1/2010, S. 4-5, Sophien-Klinik GmbH, Hannover.
Quellen für die PIP-Aussagen: Spiegel Wissenschaft online vom 23.12. 2011 und vom 12.1.2012, dpa, Reuters

Bild oben: © Martina Schettina/VBK
Foto: © Martina Schettina / René Prohaska
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