Sonnentor hat sich 2012 erneut zur „Gemeinwohlökonomie“ bekannt und eine weitere „Gemeinwohlbilanz“ zum Unternehmen vorgelegt. Ihr Credo ist: Wirtschaft kann erfolgreich und nachhaltig sein und echten Werten folgen – sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung, statt Egoismus und Profitgier.
Gutmann: „Die Klimaerwärmung wird uns massiv betreffen“
„Hoch lebe die Gemeinwohlökonomie!“ sagt Hannes Gutmann, der Chef und Gründer des Sonnentors, ganz direkt und ohne Umschweife beim Interview mit magzin.at. Gutmann ist empört, dass viel zu wenig passiert – in Politik und Wirtschaft bei Klimaschutz, Umweltschutz und vernünftiger Gestaltung des wirtschaftlichen Lebens.
„Die Klimaerwärmung wird uns massiv betreffen! Aber es passiert viel zu wenig dagegen!“ kritisiert Gutmann in scharfem Ton. „Ihre Kippeffekte werden kommen. Die Klimaerwärmung wird dann nicht mehr beherrschbar sein! Aber sie ist es jetzt schon nicht mehr. Denn ein jeder sagt, sollen die anderen sparen und anfangen.“ – „Aber wir haben nur eine Erde. Das begreifen die meisten nicht. Stattdessen freuen sich viele hier bei uns, dass sie nicht mehr so viel heizen brauchen, weil es wärmer wird.“
Die Wirtschaft ist auf Profitgier und Egoismus getrimmt
Gutmann sieht insbesondere auch die Wirtschaft in der Pflicht. Und hat im Herbst 2012 „Thesen für ein alternatives Wirtschaftssystem“ vorgelegt, in denen er den Umstieg auf die „Gemeinwohlökonomie“ verlangt. Viel zu sehr, heißt es dort, ist die Wirtschaft auf Profitgier, Gewinnmaximierung und Egoismus getrimmt.
„Nach wie vor zählt allein der Profit und, dass jeder von uns in seinem Job das Letzte aus sich herausholt. Doch das kann es nicht sein!“ schreibt Gutmann in diesen Thesen. „Wir brauchen endlich Unternehmen, die erfolgreich sind, weil sie sich für die Belange der Natur sowie der Menschen – der Mitarbeiter, der Verbraucher und der breiten Öffentlichkeit – verantwortlich zeigen.“
Das ständige Krisengerede der Medien zerstört jede sinnvolle Diskussion und fördert die Demoralisierung
Aber seit der Krise 2008/2009, so Gutmann, ist die Wirtschaft in ein tiefes Loch gefallen. Die Demoralisierung in der Wirtschaft, der Verzicht auf soziale Werte sei jetzt extrem geworden. „Die vernünftigen alten Werte und das gegenseitige Vertrauen sind seit dem Krisenjahr 2008 massiv den Bach runtergegangen“, meint Gutmann. „Es regiert jetzt das Prinzip, wer haut dem anderen zuerst ins Gesicht. Wer da gewinnt, der gilt und fühlt sich als größer und mächtiger.“
Schuld daran, bemerkt Gutmann scharfsinnig, ist auch das permanente Krisengerede in den Medien, das Demoralisierung und Egoismus verschärft und jede Diskussion über eine sinnvolle Neuorientierung zunichte macht. „Nur noch die Krise ist angesagt, die Krise mit Bankenkrise, Eurokrise, Wirtschaftskrise. Das überlagert alles. Du brauchst nur die Zeitung aufschlagen oder das Radio aufdrehen, was kommt? Krise, Krise, Krise – in Griechenland, Spanien, Italien oder sonstwo. Was soll das? Alle haben nur noch Angst.“
Das Sonnentor als Leuchtturm – eine klare Ethik der sozialen und ökologischen Verantwortung
Wie ein Leuchtturm im besten Sinne des Wortes erhebt sich da die „Gemeinwohlökonomie“ des Sonnentors. Gutmann hat eine klare Ethik: Wirtschaftlicher Erfolg lässt sich mit starkem ökologischen und sozialen Engagement hervorragend verbinden. Und Sonnentor ist dabei weiter klar auf Wachstumskurs. Auch 2012 wieder – mit einem neuen kräftigen Umsatzplatz von +12 Prozent. Und 25 neuen Arbeitsplätzen.
Die Verbindung von Wirtschaft, Ökologie und Sozialem „funktioniert hervorragend – zu 100 Prozent“, betont Gutmann im Gespräch mit magzin.at. „Aber man muss eben anders denken und anders handeln. Es gibt so viele Alternativen und Möglichkeiten. Aber leider wird in vielen Unternehmen viel zu wenig darüber nachgedacht.“
Nachhaltigkeit – für viele Konzerne nur Werbegag und „Greenwashing“
Damit Nachhaltigkeit nicht nur Werbegag ist und leeres Gerede bleibt, gibt es die „Gemeinwohlbilanz“. Sie misst und prüft umfangreich, was ein Unternehmen tatsächlich leistet – in Sachen sozialer Gerechtigkeit, Ökologie und Transparenz. „Die Gemeinwohlbilanz nach den Regeln der Gemeinwohlökonomie schafft“, so Gutmann, „ein echtes System für die Messbarkeit der Nachhaltigkeit von Unternehmen. Und nicht einen der üblichen Qui-qua-qua-Nachhaltigkeitsberichte, die oft nicht einmal ihr Papier wert sind.“
Mit „Qui-qua-qua“ meint Gutmann das „Greenwashing“ („Grün-Waschen“), die „Als-Ob-Nachhaltigkeit“, mit der sich viele Konzerne „aufmascherln“. „Ich finde es natürlich toll, wenn ein Weltkonzern 200 Wasseraufbereitungsgeräte in Indien verschenkt“, sagt Gutmann. „Aber wenn er gleichzeitig ankündigt, seinen Umsatz von 40 auf 80 Mrd. erhöhen zu wollen, auf Plastik nicht verzichten will und kleinere Packungen macht, weil die Leute sich nicht mehr genug leisten können, – dann denke ich mir, heh? worum geht es da? wovon reden die?“
Die „Gemeinwohlbilanz“ prüft auf Herz und Nieren
Anders die „Gemeinwohlbilanz“. Da wird rundherum geprüft und gemessen. Zum Beispiel der Einsatz Erneubarer Energien, die Arbeitsplatzqualität, die Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Betrieb, die ökologische Gestaltung der Produkte und Dienstleistungen, die ethische Qualität der Beschaffung (Einkauf zur Produktion), die gerechte Verteilung des Einkommens usw.
Und da kann das Sonnentor kräftig punkten: Schon seit 1992 bezieht das Sonnenstrom Ökostrom. Zwei Photovoltaik-Anlagen speisen inzwischen zusätzlich den Firmenhauptsitz in Sprögnitz. Dadurch deckt Sonnentor seinen Strombedarf zu 100 Prozent aus Ökostrom.
Sonnentor: 100 Prozent Ökostrom, 100 Prozent Bio-Wärme, Elektroautos und Baumprojekt in Neuseeland
Im Jahr 2012 wurde ein zweiter Biomasse-Heizkessel eingebaut, so dass nun auch der gesamte Wärmebedarf durch Biomasse abgedeckt wird. Das Hackgut kommt aus der Region, um Transportwege zu vermeiden und um die Wertschöpfung in der Region zu halten.
Zwei Elektroautos wurden 2012 bei Sonnentor angeschafft. Sie werden aus der hauseigenen Photovoltaik betankt. Zwei weitere Dienstautos fahren mit Biosprit. Und in Neuseeland schützt Sonnentor viele Hektar Baumbestände, um so die CO2-Emissionen seiner Produkt-Transporte auszugleichen.
Hervorragende CO2-Bilanz bei Sonnentor – weit unter Branchendurchschnitt
Im Jahr 2011 hat Sonnentor das Umweltbundesamt erstmals eingeladen, eine CO2-Klimabilanz fürs Sonnentor zu erstellen. Es sind jetzt beim Sonnentor noch 286 Tonnen CO2 pro Jahr, die emittiert werden, aber damit bereits deutlich weniger als im Branchen-Durchschnitt, der bei 3.202 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr und Unternehmen liegt.
Großen Wert legt Sonnentor auch auf ökologische Verpackung der eigenen Produkte, auf die Unterstützung sozialer Projekte, auf gute Arbeitsplätze und Einkommen für die Mitarbeiter und faire, gute Preise für die zuliefernden Bio-Bauern. „Trotz der Krise haben wir aus diesen vielen Gründen auch im Jahr 2012 wieder ein gesundes Wachstum von 12 Prozent erzielen können, ohne Druck, ohne Preisdruck – ein gesundes Wachstum, ein aus Sympathie generiertes Wachstum“, so Gutmann.
Ziele 2013: 100 Prozent Öko-Druck und noch mehr Öko-Verpackung
Für 2013 gibt es die nächsten neuen Ziele: Obschon bereits jetzt 96 Prozent der Verpackungsmaterialien von Sonnentor ökologisch sind, soll dieser Anteil noch weiter gesteigert werden. Außerdem informiert ein neues Etikettensystem und eine Internetseite von Sonnentor darüber. Und die Bedruckung der Werbe- und Verpackungsmaterialien soll künftig nur noch ökologisch sein – durch den Einsatz vollständig mineralölfreier Druckverfahren seitens der von Sonnentor beauftragten Druckereien.
Bio-Kaffe aus Nicaragua – Sonnentor-Entwicklungshilfe-Projekt seit 2012
Sehr spannend wird u.a. auch die weitere Entwicklung des neuen Sonnentor-Projekts in Nicaragua, das 2012 gemeinsam mit der Austrian Development Agency (ADA) ins Leben gerufen wurde. Bislang 48 Bio-Bauern wurden dort von Sonnentor geschult, um Bio-Kaffee anzubauen und an Sonnentor zu liefern. Das soll den Bauern eine neue Zukunft eröffnen. Und helfen, die Landflucht – das große Problem vieler Entwicklungsländer – zu stoppen.
„Das ist ein Entwicklungshilfeprojekt, das auf dem Land in Nicaragua auf 100 Betriebe ausgebaut werden soll“, sagt Gutmann. Eine langfristige Zusammenarbeit ist geplant – mit guten Preisen für die nicaraguanischen Bio-Bauern. „Die ersten Ernten sind schon da. Wir sind sehr glücklich. Es läuft super. Und alles, was gut läuft, soll wachsen.“
weitere Artikel zu Hannes Gutmann und das Sonnentor –
siehe Seitenspalte oben rechts
Der Artikel steht als pdf zum Download kostenfrei zur Verfügung:[wpdm_file id=33]